Sonntag, 29. Juni 2014

Evolutionslauf

Der Hella Halbmarathon ist nicht nur der größte Halbmarathon in Hamburg, nein es ist auch der einzige Lauf, den ich in meiner Läuferkarriere bisher immer mitgelaufen bin. So war es trotz nur zwei Wochen seit der Challenge Kraichgau Ehrensache hier mit zulaufen.

Irgendwie ist dieser Lauf sowieso bei mir nie wirklich ein Bestzeitenlauf. Er ist immer direkt nach einem großen Event oder in einer Laufpause von mir. So kommen auch die 2:29:57 von letztem Jahr zustande, als ich heldenhaft zu schnell anging und den Heldentod starb. Ich habe hier auch schon mal eine 2:15:34 und eine 2:15:56 erlaufen. All diese Starts hatten aber eines gemeinsam: Ich bin beim letzten Anstieg gestorben.

Nun also dieses Jahr mal wieder Hella Halb. Eine Besonderheit dieser Veranstaltung: Vorab wird noch geskatet. So sieht man also nicht nur die üblichen Läufer aus Hamburger Gefilden, sondern auch mal Skater.

Und irgendwie schleift sich bei solchen Läufen ja eine gewisse Routine ein und so traf man sich ohne sich viel abgesprochen zu haben wieder direkt unter dem Dach beim Millerntorplatz 1. Aber nicht ohne vorher am Ziel das Auto abgestellt zu haben und nicht ohne vorher das Wasserklo am Ziel zu supporten. Gewisse Regelmäßigkeiten müssen sein.

Der Schlagermove hatte deutliche Spuren hinterlassen. Obwohl die Stadtreinigung viel am fahren war und obwohl es die ganze Nacht geregnet hatte, rochen weite Teile der Reeperbahn wie eine Kloake. Ich möchte nicht wissen, wie es in den Seitenstraßen roch.

Mal ganz ehrlich: Lärm und grauenhafte Musik, alles schön und gut, aber wenn so rücksichtslos ein Stadtteil verklot wird, dann hat so ein Event keine Legitimation. Und wenn man sieht, wie viele Dixies vom Veranstalter an jeder Ecke aufgestellt wurden, dann muss man sich echt fragen, ob Menschen eigentlich Verstand und Sozialfähigkeit haben.

Immerhin waren die Läuferdixies entweder neu oder noch mal gereinigt worden, so dass man ganz in Ruhe noch mal den Klobesuch starten konnte. Ja, das ist sozusagen mein Laufritual. Andere Leute essen Sauerkraut mit Kartoffeln (kein Witz), ich supporte ungefähr jedes Klo.

Die @notaperecorder durfte erstmal feststellen, dass in ihrem Umschlag kein Chip war, aber das wurde von der Organisation gelöst und so konnte sie mit uns (@sielaeuftde, @teubi1910, meine Wenigkeit und zwei ohne soziale Netzwerkung) fröhlich auf die Strecke gehen.

Die Organisation ist gut, wenn auch nicht perfekt. Etwas anderes als Wasser auf der Strecke zu trinken wäre z.B. definitiv ein Verbesserungsvorschlag. Gerade weil Erdinger bei KM 14 einen riesigen Werbestand aufbaut. So kleine Dosen alkfreies Weizen würde ich bei KM 14 schon nehmen.

Aber das Basics wie z.B. Kleiderbeutel und Streckenorga, die passen hier.

Beim Start stellten wir uns relativ weit hinten auf. Wenn Startaufstellungen nach Selbsteinschätzung erfolgen, dann geschehen immer wieder erstaunliche Dinge. Obwohl wir hier von einem Lauf sprechen, der in Nettozeit gelaufen wird, stellen sich Leute zu Zeiten auf, die sie niemals laufen können. Man überholt teilweise noch bei Kilometer 10 Leute, die never ever eine 1:50 laufen wollten oder konnten, sich dort aber hinstellten. Nun gut. Wir stellten uns relativ weit nach hinten, denn niemand von uns hatte hier irgendwelche Ambitionen.

Und so lief man los. Die anderen vier grob zusammen und meine Wenigkeit etwas dahinter. Ich wollte (und konnte) das Tempo zu Beginn nicht mitgehen, denn dafür waren meine Muskeln einfach noch zu fest und zu belastet.

Es regnete zu Beginn doch noch ordentlich, so dass die ersten Kilometer eher ein Schwimmen waren. Aber dann war es so ein bisschen wie eine Evolution, erst im Wasser, dann krabbelte man an den Strand und dann kroch man über das Trockene weiter. Aber erzählen wir es noch etwas genauer: 

Das ganze wurde auch erst bei Kilometer 4 und damit dem zweiten Durchlauf der Reeperbahn besser. Ich begann langsam Leute zu überholen und kam auch in einen Laufrhythmus. Huch, es macht ja richtig Spaß. Mein Tempo irgendwo so bei 6:30 den Kilometer. Soll ich mal forcieren? Ne, lass mal, dein Magen ist dafür zu unsicher und den Heldentod wollte ich hinten raus auch nicht sterben. Lieber locker in einem Tempo laufen.

Zwei Klopausen kosteten etwas Zeit und auch mit meiner Nummer hatte ich etwas Probleme. So verlor ich eine Minute. Aber gut, keine Ambitionen, schnell wieder in den Rhythmus gefunden und während rechts Hafencity und Speicherstadt vorbei zog, überholte ich einen Läufer nach dem anderen. Irgendwann sah ich auch wieder den @teubi1910 vor mir. Huch?! Die sollten eigentlich viel schneller sein.

Und als er dann auch noch sagte, dass die @sielaeuftde nicht weit vor uns sei, da war klar: Die hatte keinen guten Tag. Denn eigentlich ist meine große Schwester doch deutlich schneller als ich.

Bei der Wende bei KM 13,5 (und dem oben beschriebenem Erdinger Werbestand) sah ich, dass sie und @notaperecorder wirklich nur gut 150 Meter vor mir waren. Hmmm. Also doch mal forcieren? Ja, laufen wir mal hin und fragen was so geht. Bisschen Gas gegeben und angekommen. Beiden ging es nicht wirklich gut.

Aber ey, aussteigen ist nicht. Und letztes Jahr hat das Schwesterherz mich begleitet, obwohl sie schneller konnte, also mach ich das dieses Jahr. Schwung raus genommen und von nun an als Wasserträger und Motivator gedient. Bringt nebenbei auch Spaß, so mit fünf Wasserbechern für drei Leute zu laufen und die zu versorgen.

Auch die @notaperecorder hatte ganz schön zu kämpfen, aber zu Dritt fanden wir Unterhaltung und ein gemeinsames Lauftempo. Die Steigungen gingen wir ganz entspannt, die flachen Strecken liefen wir locker und in einem gleichmäßigen Tempo. So kommt man auch an.

Klar, ich hätte vielleicht ein zwei Minuten schneller gekonnt, aber was soll das? Hier war Spaß und hier konnte man gemeinsam eine Leistung erbringen.

Kurz vor dem Ziel roch die @notaperecorder schon das Bier und konnte noch mal zulegen, wir blieben zu zweit und liefen fröhlich ins Ziel. Schmerzen kann man ja vernachlässigen.

Bei 2:24:59 blieb die Uhr für mich stehen. Mit der Zeit kann ich absolut leben. Selbst ohne die geleistete Hilfe wäre ich wahrscheinlich nur zwei oder drei Minuten schneller gewesen.

Wenn man den @teubi1910 dabei hat, dann muss man sich um die persönliche Zielverpflegung keine Sorge machen, so gab es noch lecker Berliner Weiße mit Schuss für uns Helden. Danke dafür.

Und danke an die genannten für einen schönen Lauftag. Es macht doch Spaß mit ganz vielen Bekannten einfach mal so zu laufen ohne irgendwelche Ziele zu haben.

Heute morgen musste ich aber feststellen, dass ich doch eine gewisse Vorbelastung in den Knochen habe. Denn ich fühle mich heute morgen so, als ob ich eine volle Marathonstrecke gelaufen sei.

Aber hey, es geht weiter, immer weiter. Next stop: Hamburg Triathlon. Olympische Distanz. Ich freue mich drauf.


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