Donnerstag, 15. September 2016

Ironman Hamburg - ein zweiseitiges Vergnügen

Hamburg bekommt seine eigene Ironman Veranstaltung. Eine "klassische" Volldistanz am 13.08.2017 und dann vielleicht auch in den Folgejahren. Das ganze für 520 Euro.


Triathlon als das neue Golf?

Ja, das ist die erste kritische Frage, die man sich stellen muss. So eine Volldistanz ist doch ganz schön teuer. Und das sind nicht nur Organisationskosten, die diese Preise entstehen lassen, nein da fällt auch ein ordentlicher Gewinn ab, wenn man bedenkt, dass die Ironman Organisation gerade für einen hohen dreistelligen Millionenbetrag den Eigentümer gewechselt hat.


Kurz und gut: Das hat auch sehr was von Sportevent und Gelddruckmaschine. Das muss man wissen und es sei nicht verheimlicht, dass der nahe Ostseeman gerade einmal 290 Euro kostet. Was angesichts von einem Hartz 4 Satz von irgendwas über 300 Euro immer noch kein Schnäppchen ist. Faierweise muss man auch erwähnen, dass die eine sehr schmale Radrunde sechs Mal umfahren, was logistische Kosten natürlich minimiert.


Ja machen wir uns nix vor, Triathlon mit seinen Kosten für Rennen, Rad und Neo ist kein Massensport wie z.B. Fußball für den ich im Notfall nur eine Pille für 10 Euro und den Stadtpark brauche.


Aber zurück zum Ironman Hamburg. Es gibt eine grundlegende Kritik an der Ironman Organisation, die stark zusammen gefasst heißt, dass man den Athleten über das Geld verdienen vergessen hat. Das wird sehr heißblütig diskutiert. Ich hab da keine feste Meinung. Das es nahezu keinen Rennveranstalter gibt, der das nur aus Liebe zum Sport macht, sollte eigentlich allen klar sein. Wir leben in einer Welt, in der Geld regiert und jeder will verdienen. Und soll es auch.


Was man aber erwarten kann als Athlet ist ein gut organisiertes Rennen mit ordentlich Show. Dafür stehen die eben auch.


Es gibt aber auch so ein paar Punkte, die man im Detail hinterfragen kann.




1. Was ist mit dem Breitensport?


Der Mick aus meiner Abteilung war bei der Pressekonferenz und man kann sich schon fragen, welche Verbindung Ironman eigentlich zur Basis haben will. Sind sie nur die Geier, die kommen, die Sahne abschöpfen und dann wieder weg sind oder sind sie daran interessiert auch irgendwelche Kontakte zu Verbänden und Vereinen vor Ort zu pflegen? Und zwar Kontakte, die über ein "wir brauchen Helfer an den Wasserständen" hinaus gehen.


Da kommt es schon mal schlecht an, wenn man als örtlicher Triathlonverband das ganze mehr oder minder aus der Zeitung erfährt und vor vollendete Tatsachen gestellt wird. Es ist ja nicht so, dass im Hamburger Triathlonverband nur Pfeifen sitzen und auch Ironman kann von örtlicher Erfahrung garantiert auch profitieren.


Klar Vereinsstrukturen sind einem amerikanisch/chinesischem Unternehmen eher fremd, aber hey, die haben eigentlich genug erfahrene Leute in Deutschland, die auch schon in Verbänden und mit Vereinen gearbeitet haben.

Nun gut, der Beginn dieser Freundschaft war noch nicht optimal, aber das kann ja noch kommen.


2. Zahlt Ironman?

Der IM 70.3 Wiesbaden ist letztens Geschichte geworden. Und auch da ging es wohl um das schnöde Geld. Raunheim war als Schwimmrevier nicht mehr bereit das ganze alleine finanziell zu leisten, wie sich z.B. hier (eher zwischen den Zeilen, den klareren Artikel finde ich nicht mehr) nachlesen ist.

Und hier kann man schon mal die Stadt Hamburg fragen, ob sie denn da auch die üblichen Straßensperrungsgebühren und Auflagen verlangt, die sie sonst verlangt. Oder gibt man da einen Rabatt?

Und gerade wenn man dem Veranstalter entgegen kommt (dies muss man immer bei einer so großflächigen Sperrung), dann stellt sich die Frage, warum die da möglich ist, aber kleine Veranstalter immer wieder absurdeste Knüppel zwischen die Beine geworfen bekommen. Fragt mal bei Hamburger Veranstaltern nach, auf was für Ideen so Genehmigungsbehörden so kommen. Oder kommt man auf diese Ideen auch bei Ironman?


Meine Befürchtung ist, dass es wieder eine "politische" Genehmigung gibt und die kleinen Veranstalter, die sich mit den Bürokraten von den Bezirken rumprügeln müssen ganz andere Auflagen und Kosten haben als Ironman.


3. Die Belastung?


Es ist kein Geheimnis, dass Hamburg im Frühling / Sommer schon erheblich eventisiert ist. Schlagermove, Kurzdistanztriathlon, Marathon, Harley Days, Cyclassics, Hafengeburtstag, Cruise Days etc. pp führen zu Straßensperren und Anwohnerbelastungen. Das muss man einfach so mal zur Kenntnis nehmen.


Dies liegt auch daran, dass all diese Veranstaltungen Straßenzüge in einem Planquadrat von vielleicht vier KM Kantenlänge nutzen. Dabei ist Hamburg riesig und eigentlich müsste nicht jede Veranstaltung die Reeperbahn und die Innenstadt für sich beanspruchen. 


Hamburg hat viele andere schöne Ecken, die reizvoll wären. Und die nebenbei ebenso Innenstadtnah wären. Oder wie wäre es mal mit anderen schönen Postkartenhintergründen, wie z.B. dem Altonaer Rathaus und dem Altonaer Balkon?


4. Die Strecke?


Was gleich zur Strecke führt. Die klingt nicht sehr attraktiv, wenn mich jemand fragt. Das klingt nach dem Standard der Cyclassics (die ihren eigentlichen Termin eine Woche später haben, was wahrscheinlich nicht bleiben wird, wenn sie überhaupt weiterhin stattfinden). Und wenn bei einer Strecke Hafen, Hafencity genannt wird, dann klingt das nach sehr viel Industrieromantik und Beton und wenig Natur. Dabei ist gerade Baum und Grün das Markenzeichen Hamburgs. Klar, die Köhlbrandbrücke ist ein Highlight, aber ob der Rest so spannend wird, wird sich zeigen. Zweifel seien angebracht.


Eine 90 KM Runde (wenn man das als zwingend ansieht) wäre z.B. auch in die Vier und Marsch gegangen mit fieser Steigung in Geesthacht. 

Schwimmen in der Alster? Das gibt schöne Hubschraubermotive, aber ganz ehrlich: Das ist eine ziemlich eklige Pampe. Ich weiß nicht, ob ich da wirklich ein bis zwei Stunden im August (und damit mit noch weniger Regenwasser als im Juli) drin treiben möchte. Wenn man denn bereit wäre mit zwei Wechselzonen zu arbeiten, gäbe es garantiert angenehmere Badeseen (Ortkaarten z.B.) in Hamburg.


Das laufen dann auf der Standardalsterrunde, wenn man das richtig interpretiert. Das ist für Auswärtige dann ganz spannend, für den Hamburger eher nicht, da kennt man jeden Stein. Mal sehen, wie genau sie da die Strecke führen. Direkt an der Alster ist der Weg teilweise sehr eng und auch von Anwohnern bewohnt, die sich garantiert ungerne 10 Stunden die Einfahrt sperren lassen. Warten wir mal ab, wie genau die da die Strecke ziehen wollen.


Ziel am Rathaus ist dann wieder schick. Komisch dabei ist, dass der Rathausmarkt noch vor ein paar Jahren als kommerzielle Veranstaltungsfläche zurück gefahren werden sollte (stand immer wieder in der Hamburger Presse) und  z.B. das Stuttgarter Weindorf zu Grunde ging und das Rockspektakel immer wieder Probleme hatte (finde ich gerade kein Link zu, ist aber so). Nein, ich will jetzt nicht die Wertigkeit des Stuttgarter Weindorfes oder des Rockspektakels diskutieren, ich halte nur wenig davon Veranstaltungen vorzuziehen, die angeblich gut für das Image sind. Das ist Eventisierung von öffentlichen Flächen und sowieso immer ein fragwürdiges Geschäft. Gerade wenn man bedenkt, dass die beiden genannten Veranstaltungen eine gewisse Tradition hatten bzw. haben.


Spannend bleibt, wo die Wechselzone hin soll. Auf den Balindamm wie bei dem Kurzdistanztriathlon? Dann aber wahrscheinlich nicht ganz so lang zu durchlaufen wie bei diesem.



5. Fazit


Natürlich ist es auch gut so eine Highlightveranstaltung zu haben. Spitzensport und Highlightsport bringt immer auch Interesse für den Breitensport. Trotzdem sollte man nicht alles kritiklos feiern. Eine gewisse Distanz und Hinterfragung ist auch hier angebracht.